Die Geschichte der Dilsberger Nachtwächter
von Frans Hermans
Der erste Dilsberger Nachtwächter!
Eine der wichtigen Aufgaben dieses Kellers bestand darin, Dilsberg bei Tag und Nacht zu bewachen. Er war verpflichtet, das Stadt- und Schlosstor (das Schlosstor befand sich ungefähr an der Stelle, wo nun das Gefallenendenkmal steht) bei Anbruch der Dunkelheit zu verschließen. Niemand wurde dann mehr ohne besondere Erlaubnis des Pfalzgrafen in die Stadt eingelassen. Man stand vor „geschlossenem“ Tor. Mit diesem Amt hatte der Dilsberger Keller Ludwig Deschell 1510 einen sog. „Boselknecht“ (Mittelhochdeutsch: buoz = Abhilfe) beauftragt. Dieser Bosel oder Hilfsknecht dürfte wohl einer der ersten Dilsberger Nachtwächter gewesen sein!
Das Amt des Nachtwächters im 18. Jh. …
Wir kennen die Geschichte des Rainbacher Lochmüllers Oswald Nussbaum. Dessen Antrag 1719 um Befreiung vom Nachtwächterdienst bestätigt die Pflicht der Bürgerschaft, an der Nachtwache teilzunehmen. Hierfür wurden also die Bürger des Burgfleckens Dilsberg in die Pflicht genommen. Anscheinend wurde um diese Zeit keine feste Stelle als Nachtwächter vergeben, was vor 1700, siehe Jakob Threine, doch der Fall gewesen war.
Erst 1878 wurde dem Gemeinderat gestattet, die Nachtwache unter Auflage aufzuheben.
Wiederaufleben des Brauchs 1923 …
Ein Aufsatz in einem Heimatlesebuch für die Schule 1949 (Heimat um Heidelberg) erregt unsere Aufmerksamkeit. Unter der Überschrift „Die Nacht der Nachtwächter“ erzählt uns (auszugsweise) der Verfasser Reinhard Hoppe:
Man schrieb das Jahr 1923. Zu dieser Zeit wurde in dem mauerumschlossenen Dilsberg der alte Brauch des Neujahrsumzugs wieder aufgenommen. Ganz Dilsberg ist seitdem in der Silvesternacht auf den Beinen. Gegen Mitternacht versammeln sich die Einwohner vor dem Stadttor. Hier wartet schon der Stadtwaibel mit seinen acht Nachtwächtern. … Schlag zwölf Uhr läutet der jüngste Bürger die Rathausglocke (= Bürgerglocke), in deren silberhelles Gebimmel die Kirchenglocken einfallen. Dann ertönt zwölfmal ein langgezogenes, tiefes Tuten. …
Damit ist die Wiederaufnahme des Brauchs 1923 eindeutig belegt.
In den 60er Jahren legten die Kleintierzüchter, die bis dorthin Jahr um Jahr diesen Brauch pflegten, die Nachtwächterkluft ab.
Der Sportschützenverein übernimmt den Brauch
In der Neujahrsnacht 1976/77 übernahm dann der Sportschützenverein vom Kleintierzuchtverein den Brauch des Nachtwächterumzugs. Auf Initiative des Oberschützenmeisters Fritz Kern (+ 1980) bildete man innerhalb des Sportschützenvereins eine „Nachtwächtergruppe“. Herbert Bellem (beim Kleintierzuchtverein ebenfalls stets dabei gewesen) war nun der wiedererstandene Dorfwaibel, der erste „praetor vigilantum“ (= Leiter der Nachtwächtergarde). Er blies 1976/77 das Horn; ein Jahr später übernahm Gerhard Horchheimer diese Tätigkeit – bis heute.